Post aus Sachsen! Die Sonntagskolumne von Jörg Urban
Liebe Freunde, liebe Leser,
die Zustände in der Pflege sind wirklich schockierend.
In den nächsten zehn Jahren fehlen deutschlandweit 500.000 Pflegekräfte. In der Pflegeversicherung klafft ein Milliardenloch und die steigenden Energiepreise sollen natürlich ebenfalls gerade an die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen weitergereicht werden.
Wenn alles so weiterläuft wie bisher, könne die Pflege von Senioren und Kranken bald gar „nicht mehr stattfinden“, hieß es diese Woche verzweifelt auf dem Deutschen Pflegetag. Das wäre eine Schande, denn der Anstand einer Gesellschaft bemisst sich maßgeblich daran, wie sie mit ihren ehemaligen Leistungsträgern umgeht.
Für die Misere machte die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, die Regierung verantwortlich. Schon mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht habe sie eine ganze Berufsgruppe vor den Kopf gestoßen.
Dieser schwere Fehler wurde bis heute nicht korrigiert. Im Gegenteil: Seit dem 1. Oktober gelten noch einmal verschärfte Schikanen: Neben den Pflegekräften, die quasi den ganzen Arbeitstag eine Maske tragen müssen, gilt dies nun auch für die Bewohner, wenn sie sich in Gemeinschaftsräumen aufhalten.
Frau Vogler vom Pflegerat sieht darin eine staatliche Bevormundung, die immer weiter zunimmt. Sie fordert deshalb, es den Pflegekräften selbst zu überlassen, wie sie den Schutz vor Corona organisieren.
Letztendlich geht es um Mündigkeit, Wertschätzung und Freiheit. Wer einen sozialen Beruf ergreift, macht das, um anderen zu helfen. Ausgerechnet den Pflegekräften pauschal zu unterstellen, sie würden die Gesundheit anderer Menschen gefährden, ist unverschämt hoch zehn. Ihnen wird so von der Regierung jegliches Berufsethos abgesprochen.
Und auch von der anderen Seite her betrachtet, haben wir ein Pflegesystem, das nicht funktionieren kann: In Sachsen beträgt der Eigenanteil für einen stationären Pflegeplatz derzeit im Durchschnitt 1.972 Euro pro Monat. Die sächsische Rente liegt im Schnitt aber nur bei 1.364 Euro.
Über 600 Euro fehlen also, die entweder die Kinder oder der Staat begleichen müssen. Die dadurch entstehende finanzielle Belastung ist für viele Familien immens, frisst das mühsam Ersparte auf und führt – wie so viele andere Faktoren – selbst Gutverdiener in die Nähe der Armutsgrenze.
Das Pflege-System krankt also an allen Ecken und Enden. Mit ein paar kleinen Zuschüssen sowie verständnisvollen Worten für die Pflegekräfte lässt es sich nicht reparieren. Wir brauchen vielmehr eine umfassende Pflegereform. Die Eckpfeiler dieser Reform sind aus Sicht der AfD:
Erstens: Die Pflege in den eigenen vier Wänden, z.B. durch Familienangehörige oder Nachbarn, ist tausendmal besser als eine Unterbringung in stationären Einrichtungen. Um das zu ermöglichen, muss der Staat den Angehörigen für ihre Mühen deutlich mehr zahlen. Die Investition in ein solches „Landespflegegeld“ rechnet sich am Ende allemal. Aus Dänemark und den Niederlanden wissen wir, dass eine liebevolle, häusliche Pflege im Endeffekt um einen Milliardenbetrag günstiger ist als unser jetziges, hauptsächlich stationäres System.
Zweitens: Trotz einer gestärkten häuslichen Pflege brauchen wir natürlich weiterhin Pflegeheime. Bedenklich ist jedoch, wie die Kommerzialisierung dieser Branche voranschreitet. Profitorientierte Pflege-Unternehmen betreiben einen „Satt-und-sauber“-Minimalismus. Leiharbeiter verdrängen Festangestellte Pfleger.
Pflegebedürftige haben jedoch auch ein Anrecht auf Vertrautheit, auf Geselligkeit und Alltagsfreuden. Daher brauchen wir in der Pflege statt einer Profitmaximierung eine Gemeinwohlorientierung, die auch honoriert wird.
Drittens: Um Pflegekräfte zu gewinnen, haben wir im Landtag gerade ein ganzes Bündel an Maßnahmen vorgeschlagen. Mit einer „Aufstockerprämie“ wollen wir Teilzeitkräfte motivieren, in Vollzeit zu wechseln. Mit einer „Rückkehrerprämie“ wollen wir Pflegekräfte mit familiären Wurzeln in Sachsen in ihre alte Heimat zurücklocken. Mit einer „Wiedereinstiegsprämie“ wenden wir uns zudem an Pflegekräfte, die ihren erlernten Beruf derzeit nicht ausüben.
Jeder von uns kann einmal auf Pflege angewiesen sein. Wir sollten daher allen Frauen und Männern dankbar sein, die sich für soziale Berufe entscheiden. Ihr seid wirkliche Alltagshelden! Das muss die Bundesregierung genauso wie die Landesregierung endlich beherzigen – nicht nur mit warmen Dankesworten, sondern mit einer tatsächlichen Verbesserung der gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für Pflegekräfte und Pflegeeinrichtungen.
Bis nächsten Sonntag,
Ihr Jörg Urban