Post aus Sachsen! Die Sonntagskolumne von Jörg Urban
Liebe Freunde, liebe Leser,
die NATO hat sich in dieser Woche darauf verständigt, keine „echte strategische Partnerschaft“ mit Russland mehr anzustreben. Stattdessen ist nun im neuen Leitkonzept die Rede von der „größten und unmittelbarsten Bedrohung“, die von Moskau ausgehe.
Es sind aber nicht nur Worte, die geändert wurden: Die NATO rüstet massiv auf, um als „Bollwerk“ die „Freiheit und Demokratie zu sichern“.
Für Freiheit und Demokratie setzt sich die AfD in Deutschland selbstverständlich auch vehement ein. Wir sind die Partei des Grundgesetzes und verlangen mehr Meinungsfreiheit und mehr direkte Demokratie. Dennoch wäre es fatal, wenn wir oberlehrerhaft bestimmte Staaten aufgrund angeblicher oder tatsächlicher Demokratiedefizite maßregeln wollten.
Das oberste Gebot der Außenpolitik ist es schließlich, sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Nationen einzumischen. Außenpolitik sollte sich darauf beschränken, eigene nationale Interessen zu verteidigen und ansonsten Zurückhaltung zu üben.
Genau hier beginnt das Grundproblem der von den USA dominierten NATO, die ja eigentlich ein „Verteidigungsbündnis“ sein soll. In den letzten Jahrzehnten versuchte sie wiederholt, die Demokratie in aller Welt im Zweifelsfall herbeizubomben, auch wenn diese „Regime Change“-Versuche jedes Mal aufs Neue scheiterten.
Schauen Sie sich nur einmal an, wo Afghanistan heute steht. Die islamistischen Taliban kontrollieren das Land, trotz eines 20-jährigen, opferreichen und zerstörerischen Militäreinsatzes des Westens. Libyen ist nach dem militärischen „Engagement“ des Westens ein ruiniertes Land. Und auch der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen den Irak mit hunderttausenden getöteten Zivilisten hat nur dazu geführt, den Hass auf den „Westen“ bei den Menschen dort zu verfestigen.
Der sogenannte Westen ist inzwischen in vielen Teilen der Welt verhasst. Aber nicht deshalb, weil die Menschen dort Angst vor Demokratie und Freiheit haben. Der „Westen“ ist verhasst für seine kulturelle Besserwisserei, für seine moralischen Doppelstandards und für die blutige Durchsetzung seiner wirtschaftlichen Interessen.
Spätestens das Afghanistan-Desaster hätte den europäischen Nationen vor Augen führen müssen, dass die Zeit des einen großen Weltpolizisten USA, der andere Regionen nach seinen Wertvorstellungen beliebig umgestalten kann, endgültig abgelaufen ist. Wir leben heute in einer multipolaren Welt mit mehreren Großmächten, deren Einflusszonen zu achten sind, um blutige Kriege zu vermeiden.
Ich sehe daher die 800 Militärstützpunkte der USA außerhalb ihres eigenen Territoriums sehr kritisch. Jedes Land hat das Recht zur Selbstverteidigung, aber das sollte auch ohne auswärtige Militärbasen möglich sein. 18 dieser Stützpunkte befinden sich übrigens in Deutschland. Warum?
Der Zweite Weltkrieg liegt fast 80 Jahre zurück. An seinem Ende lagen viele deutsche Städte in Trümmern, gezielt zerstört von englischen und amerikanischen Bombergeschwadern. Millionen Tote, Millionen aus ihrer Heimat Vertriebene. Diese deutsche Katastrophe sollte uns immer als Mahnung dafür in Erinnerung bleiben, dass die Politik alles dafür tun muss, um Kriege zu verhindern.
Leider hat die, von den USA dominierte, NATO wiederholt selbst Angriffskriege außerhalb des Bündnisgebietes begonnen, und damit auch Deutschland und andere Staaten zur aktiven Kriegspartei gemacht. Die ehemalige Maxime, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen soll, wurde gebrochen.
Es ist an der Zeit für Europa, sich von den USA zu emanzipieren, die Vasallenrolle hinter sich zu lassen und als gleichberechtigter Partner mit Amerika zu agieren.
In erster Linie bedeutet das, die von den USA abweichenden Interessen Europas klar zu benennen. Europa ist geographisch untrennbar mit Russland verbunden. Wir brauchen dieses Riesenreich als wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Partner. Eine anhaltende erbitterte Rivalität mit Russland, so wie sie von den USA betrieben wird, ist nicht in europäischem Interesse.
Ebenso unterscheidet sich die Rohstoffsituation: Die USA verfügen über eigene Öl- und Gas-Ressourcen. Im Gegensatz dazu hängt der Wohlstand Europas von Energie-Importen aus Ländern ab, die nicht zum demokratischen Westen zählen. Das gilt es als unumstößlichen Fakt zu akzeptieren. Aus meiner Sicht ist deshalb nichts gewonnen, wenn wir in Zukunft mehr Rohstoffe aus Saudi-Arabien und Katar beziehen, nur um Russland auszugrenzen.
Wir brauchen einen friedlichen Interessenausgleich mit Russland und die beste Grundlage dafür ist eine stärkere Selbständigkeit Europas.
Gegenüber anderen Großmächten kann sich Europa nur behaupten, wenn es geschlossen nach außen auftritt. Nach innen dagegen müssen wir die Vielfalt nationaler Kulturen schützen. Alle europäischen Staaten und Völker müssen in freier Selbstbestimmung leben dürfen. Die zentralistische Bevormundung von oben, durch die abgehobenen Bürokraten der Europäischen Union und durch die Vergemeinschaftung von Schulden, fügen Freiheit und Demokratie schweren Schaden zu.
Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und kulturelle Vielfalt – dafür steht Europa und dafür wird es in aller Welt geschätzt.
Verteidigen und pflegen wir dieses europäische Erbe hier vor Ort, in unseren Ländern und Kommunen. Das ist tausendmal wichtiger und besser, als sich an den blutigen Demokratie-Export-Versuchen der US-amerikanischen Eliten zu beteiligen.
Bis nächsten Sonntag,
Ihr Jörg Urban