Vorsicht, Post aus Sachsen! Die Sonntagskolumne von Jörg Urban 

Liebe Freunde, liebe Leser,
wer immer noch glaubt, es sei „alternativlos“, unsere Gesellschaft in einen unnatürlichen Stillstand zu versetzen, um Corona in den Griff zu bekommen, sollte einmal in andere europäische Länder schauen.
Polen öffnet zum 1. Februar seine Einkaufszentren und Museen. Zu einem ähnlichen Schritt hat sich Griechenland schon vor einer Woche entschlossen. Frankreich, die Schweiz und eine Reihe weiterer Länder halten derweil konsequent am Präsenzunterricht in ihren Schulen fest.
Dazu zählt mit Einschränkungen auch Italien. Hier sind zudem Geschäfte und Restaurants weitestgehend offen. Man kann also eine Pizza essen gehen oder sich einen Espresso gönnen, während das in Deutschland streng verboten ist.
Darüber hinaus möchte ich einen Blick nach Dänemark empfehlen. Zwar gibt es bei unserem Nachbarn aus dem Norden ebenfalls sehr harte Einschränkungen, aber zumindest macht die Regierung dort ihre Hausaufgaben, um zur Normalität zurückkehren zu können.
Dänemark ist „Impf-Europameister“. Alle Bewohner der stark betroffenen Pflegeheime sind bereits geimpft. Das ging so schnell, weil das Land statt großer Massenunterkünfte seit Jahren auf eine gut ausgebaute häusliche Pflege setzt. Diese Struktur hat neben der Stärkung der Familien einen weiteren Vorteil: Die Ausbreitung von Krankheiten wird dadurch deutlich minimiert.
Auf tragische Weise wird also deutlich, wie wichtig und richtig unsere Forderung nach einem Landespflegefördergeld für Angehörige ist. In der letzten Legislaturperiode lehnten die Altparteien einen entsprechenden Antrag von uns dazu ab (Drs. 6/14750). Nächste Woche versuchen wir es erneut mit einem Antrag zur Stärkung der Angehörigenpflege (7/5242). Ich bin gespannt, mit welchen Ausreden die Regierungsparteien CDU, SPD und Grüne diesmal diesen sinnvollen und dringend notwendigen Vorschlag zurückweisen.
Damit sind wir beim Kern des Problems in Sachsen und Deutschland: Das einzige, was Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und seine Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) können, ist Verbote für alle zu verhängen. Beim Schutz der Risikogruppen haben sie indes komplett versagt.
Diese Mischung ist brandgefährlich: Denn zum einen sterben aufgrund der politischen Versäumnisse zu viele ältere Menschen. Zum anderen wachsen die Kollateralschäden, die durch die Verbote verursacht werden, ins Unermessliche.
Die Regierungen in Bund und Ländern haben unser Gesundheitssystem über die letzten Jahre immer weiter geschwächt. Trotz einer alternden Bevölkerung wurden hunderte Krankenhäuser geschlossen, allein im Corona-Jahr 2020 waren es zwanzig Kliniken weniger.
Der Personalmangel im Pflegebereich verschlechtert sich aufgrund schlechter Bezahlung seit Jahren. Schon im Dezember 2019 fehlten den Kliniken und Pflegeeinrichtungen 17.000 Mitarbeiter. Während die CDU-geführte Bunderegierung mit zweistelligen Milliardenbeträgen die Profiteure der Energiewende beglückt, spart sie also unser Gesundheitssystem kaputt.
Zu den direkten Schäden der Gesundheitspolitik muss man inzwischen auch die Kollateralschäden der Corona-Verbotspolitik hinzuzählen. Durch die Zwangsschließung von Einzelhandel, Restaurants, Hotels, Friseursalons, Sportstätten, Museen, Theatern und Schulen sowie des Verbotes von Reisen, Hochzeitsfeiern und Familienfeiern ist ein gewaltiger wirtschaftlicher und sozialer Schaden entstanden, der mit jeder neuen Woche Zwangsschließungen weiter wächst.
Es gibt zahlreiche Zweifel von wissenschaftlicher Seite, ob die Schließungen von Schulen und Einzelhandel überhaupt einen signifikanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben. Auch nach fast zehn Monaten Corona-Krise hält es die Regierung nicht für nötig, die Wirksamkeit ihrer Zwangsmaßnahmen zu untersuchen und auf wirkungslose Verbote zu verzichten.
Genauso wenig scheint ein Interesse der regierenden Parteien zu bestehen, die Kollateralschäden ihrer Corona-Zwangsmaßnahmen zu analysieren. Beides wäre aber notwendig, um eine fundierte Güterabwägung durchzuführen, bevor zahlreiche verfassungsmäßig garantierte Grundrechte über Wochen und Monate außer Kraft gesetzt werden.
Durch die Corona-Zwangsmaßnahmen sind Unternehmern und Angestellten bereits finanzielle Nachteile entstanden, die sich auf hunderte Milliarden Euro summieren.
Wir müssen uns aber auch fragen, wie hoch die psychosozialen Kollateralschäden der aktuellen Politik sind. Wie viele ruinierte Unternehmer und Selbstständige werden depressiv? Wie viele landen auf Dauer in der Sozialhilfe? Wie viele von ihnen greifen zum Alkohol? Wie viele spielen mit dem Gedanken, sich umzubringen?
Es gibt dazu noch wenig wissenschaftliche Erkenntnisse, aber erste schockierende Befunde. So wurde die Feuerwehr in Berlin im Jahr 2019 nur zu drei Einsätzen wegen versuchter Selbstmorde gerufen. 2020 waren es allein bis Oktober fast 300 Fälle. Die Verwaltung begründete diesen Anstieg um das Hundertfache mit Änderungen bei der statistischen Erfassung. Die ganze Wahrheit dürfte das jedoch nicht sein.
Eine Studie aus Großbritannien kommt schließlich zu einem ähnlichen Ergebnis. Ihr zufolge stieg die Sterbewahrscheinlichkeit psychisch labiler Personen in den ersten Monaten des Lockdowns um 123 Prozent. Die Zahl von Kopfverletzungen bei Kindern durch häusliche Gewalt stieg in dieser Zeit um das Zwölffache im Vergleich zum Vorjahr.
Soziologen weisen schon lang darauf hin, dass soziale Isolation und Vereinsamung die Lebenserwartung signifikant verschlechtern. Genau das ist es aber, was die Regierungen in Bund und Ländern den Bürgern jetzt abverlangen.
Aufschlussreich ist außerdem eine Studie des ifo-Instituts. Sie belegt erhebliche Einkommensverluste in Folge von Unterrichtsausfall für Kinder und Jugendliche. Schlechtere Bildung führt im Durchschnitt zu schlechteren Einkommenschancen. Geringeres Einkommen führt zu einer geringeren durchschnittlichen Lebenserwartung. Auch das wissen Soziologen und Volkswirtschaftler schon seit langem.
Die populistische Parole „Wir retten Leben“ der Corona-Politiker steht auf tönernen Füßen, weil sie die vielen zerstörten Lebensjahre hunderttausender Schüler, Eltern, Unternehmer, Kurzarbeiter, Künstler, Eltern und Rentner ausblendet.
Der renommierte Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen kommt in einer aktuellen Untersuchung zu dem Schluss, die Corona-Maßnahmen vernichten mehr Lebensjahre, als gerettet werden. Denn es gilt: Wer die Grundlagen unseres Wohlstands und Sozialstaates zerstört, verschlechtert die Lebensbedingungen derart, dass unsere Bürger früher sterben.
Das Argument, der Schutz des Lebens habe einen höheren Stellenwert als andere Grundrechte, ist falsch. Die aktuelle Corona-Politik zerstört mehr Leben, als sie schützt, UND sie verletzt wesentliche Grundrechte der Bürger.
Mit der Ankündigung der Regierung, die wissenschaftlich nicht begründeten Grundrechts-Einschränkungen auch über den 14. Februar hinaus zu verlängern, ist nun die rote Linie überschritten. Nach Möglichkeit in einem Eilverfahren klagen wir aus diesem Grund gegen die sächsische Corona-Verordnung.
Der Lockdown muss schnellstens beendet werden. Sieht das die Regierung nicht selbst ein, sind die Gerichte gefragt, wieder rechtsstaatliche Verhältnisse herzustellen.
Bis nächsten Sonntag,
Ihr Jörg Urban