Vorsicht, Post aus Sachsen! Die Sonntagskolumne von Jörg Urban Liebe Freunde, liebe Leser, der Krieg ist zurück. In den Nachrichten, in der Politik, in unserem Bewusstsein. Krieg ist grausam. Krieg ist verbunden mit Gewalt, mit Zerstörung, mit Tod. Deshalb ist das Entsetzen über die militärische Zuspitzung in der Ukraine verständlich und richtig. Die Ereignisse der letzten Tage haben in Europa einen Schock ausgelöst. Denn kaum jemand hätte Russland noch vor einigen Wochen zugetraut, tatsächlich in die Ukraine einzumarschieren. Und dementsprechend unvorbereitet beginnt die deutsche Politik nun auf diese Ereignisse zu reagieren. Die aktuelle Schockstarre hilft uns jedoch nicht weiter. Nur wer die Kriegsursachen analysiert und benennt, kann Frieden schaffen. Lassen Sie uns deshalb versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Geschehnisse zu sortieren: Es ist richtig, in diesen Tagen auf die zivilisatorischen Errungenschaften des Völkerrechts hinzuweisen. Alle Nationen sollten die „territoriale Unversehrtheit“ anderer Staaten respektieren! Das Völkerrecht ächtet zu Recht die „Androhung oder Anwendung von Gewalt“ gegen diese Unversehrtheit. Daran haben sich auch alle Großmächte zu halten. Zugleich betont das Völkerrecht an mehreren Stellen das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“. Es besagt, dass jedes Volk über die eigene Zukunft selbst entscheiden können muss. In Vielvölkerstaaten besteht allerdings stets die Gefahr einer Kollision zwischen der „territorialen Unversehrtheit“ und dem „Selbstbestimmungsrecht der Völker“. Das betrifft nicht nur die Regionen Donezk und Lugansk mit einer großen russischen Bevölkerung. Wir kennen Konflikte dieser Art auch aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus Nordirland und Südtirol, aus dem Sudan oder aus Kurdistan, um nur einige Beispiele unterschiedlicher Explosivität zu nennen. Dass nun ausgerechnet die Ukraine ein besonderer, weltpolitisch bedeutsamer Zankapfel ist, sah der britische Geograph Halford Mackinder schon früh voraus. Als Kern seiner berühmten „Herzland-Theorie“ notierte er Anfang des 20. Jahrhunderts die Befürchtung: „Wer über Osteuropa herrscht, beherrscht das Herzland. Wer über das Herzland herrscht, beherrscht die Weltinsel. Wer über die Weltinsel herrscht, beherrscht die Welt.“ Sowohl den Amerikanern als auch den Russen ist die Herzland-Theorie geläufig. Unter diesem strategischen Gesichtspunkt von weltpolitischer Tragweite sollte es nicht verwundern, dass beide Großmächte versuchen, die Ukraine auf ihre Seite zu ziehen – koste es, was es wolle. Der große Unterschied besteht darin, dass die Ukraine unmittelbar an Russland angrenzt und viele ukrainische Bürger Russen sind, während die USA über 7.000 Kilometer entfernt sind. Eines möchte ich dazu ausdrücklich zu bedenken geben: Bei der Werbung für das eigene geopolitische Lager können selbst subtile Formen der Einmischung, z.B. Spendengelder, hochproblematisch sein. Die USA und die deutsche Bundesregierung, die allein bereits zwei Milliarden Euro an die Ukraine überwiesen hat, sind jedoch weit über finanzielle Hilfe hinausgegangen. Seit 2014 befinden sich CIA-Berater in der Ukraine. Seit 2014 ignoriert der Westen den Stellungskrieg der ukrainischen Armee gegen die abtrünnigen Republiken im Donbass. In diesem Krieg sind bis heute nicht nur 4.000 Soldaten umgekommen. Es starben bis heute fast 10.000 Zivilisten und zwar zum allergrößten Teil auf der Donezker und Lugansker Seite. Anstatt die finanzielle Unterstützung der Ukraine an die Umsetzung des Minsker Abkommens zu koppeln und an die Beendigung des Krieges im Donbass, haben US-Regierung und Bundesregierung den konfrontativen Kurs Kiews geduldet. Ebenso die Medien: Der Krieg im Donbass mit den Tausenden von Toten blieb von deutschen Medien nahezu unerwähnt, so als gäbe es ihn nicht. Ebenso wenig wurde die anhaltende Verweigerung der Umsetzung des Minsker Abkommens in den Medien thematisiert. Dieses Abkommen war der vereinbarte Friedensplan, der das Morden im Donbass beenden sollte. Das alles rechtfertigt natürlich keinen Angriffskrieg Russlands gegen ein souveränes Land. Der Krieg im Donbass ist, bei aller indirekten Beteiligung der Großmächte, ein Bürgerkrieg innerhalb der Ukraine. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass der Westen eine enorme Mitschuld an der jetzigen Eskalation trägt. Unsere AfD-Position gegenüber den Kriegsparteien ist selbstverständlich, alle kriegerischen Auseinandersetzungen umgehend zu beenden. Das Völkerrecht muss wieder in Kraft gesetzt werden. Wir erwarten von den am Krieg beteiligten Regierungen, dass sie die Bürger ihrer Länder vor Gewalt und Tod schützen, dass sie schnellstens an den Verhandlungstisch zurückkehren und dort solange verhandeln, bis es einen für alle Seiten akzeptablen Interessenausgleich gibt. Von der US-Regierung erwarten wir vor allem einen konstruktiven Dialog mit Russland, mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Friedenslösung in der Ukraine. Die USA sind die einzige Großmacht, von der sich Russland derzeit bedroht fühlt. Und sie sind gleichzeitig die einzige Großmacht, die sich in den letzten Jahren, aufgrund ihrer militärischen Stärke, über das Völkerrecht hinweggesetzt hat und Angriffskriege gegen souveräne Staaten führte. Echte Sicherheitsgarantien kann Russland nur von den USA bekommen. Von der Bundesregierung erwarten wir eine konstruktive Einflussnahme auf die ukrainische Regierung bezüglich der Umsetzung des Minsker Abkommens und der Bereitschaft für Verhandlungslösungen. Deutschland hat zwar aktuell keinerlei militärische Bedeutung, aber es ist die größte Wirtschaftsmacht Europas. Mit diesem Gewicht könnte sich die Bundesregierung als neutraler Vermittler zwischen Russland und der Ukraine anbieten. Es nutzt weder Europa noch der Ukraine, noch Russland, wenn der jetzt begonnene Krieg fortgesetzt wird. Je schneller es möglich ist zu Diplomatie und Frieden zurückzukehren, umso besser für alle direkt und indirekt beteiligten Staaten. Die wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen der USA und Europas sind nicht immer deckungsgleich. Auch das wird angesichts dieses neuen Krieges in Europa sichtbar. Aufgrund der Entfernung sind die USA von dem Krieg, wirtschaftlichen Schäden und Flüchtlingsströmen weit weniger betroffen als die europäischen Staaten. Bei den USA überwiegt derzeit die Aussicht, teures Fracking-Gas nach Europa verkaufen zu können, indem sie von den Europäern Wirtschaftssanktionen gegen russische Gaspipelines fordern. Gleichzeitig importieren die USA, unbeeindruckt vom Krieg, in steigendem Maße Öl und Gas aus Russland. Deutschland und seine europäischen Nachbarn müssen es endlich schaffen, eigene europäische Interessen zu definieren und eine Außenpolitik im Sinne dieser Interessen zu führen. Frieden und wirtschaftliche Prosperität in Europa sind aber niemals im Konflikt mit Russland möglich. Deshalb braucht es eine europäische Russlandpolitik – unabhängig von den USA. Eine Politik, die Russland eine gemeinsame Zukunft mit Europa bietet. Wir gehören zum „Herzland“ und wir sollten unseren Teil dazu leisten, dass das „Herzland“ und die europäisch-asiatische „Weltinsel“ eine friedliche, prosperierende gemeinsame Zukunft haben. Bis nächsten Sonntag, Ihr Jörg Urban

Nur wer die Kriegsursachen kennt, kann Frieden schaffen

Vorsicht, Post aus Sachsen! Die Sonntagskolumne von Jörg
Urban

Liebe Freunde, liebe Leser,

der Krieg ist zurück. In den Nachrichten, in der Politik, in unserem
Bewusstsein. Krieg ist grausam. Krieg ist verbunden mit Gewalt, mit Zerstörung,
mit Tod. Deshalb ist das Entsetzen über die militärische Zuspitzung in der
Ukraine verständlich und richtig.

Die Ereignisse der letzten Tage haben in Europa einen Schock ausgelöst. Denn
kaum jemand hätte Russland noch vor einigen Wochen zugetraut, tatsächlich in die
Ukraine einzumarschieren. Und dementsprechend unvorbereitet beginnt die deutsche
Politik nun auf diese Ereignisse zu reagieren.

Die aktuelle Schockstarre hilft uns jedoch nicht weiter. Nur wer die
Kriegsursachen analysiert und benennt, kann Frieden schaffen. Lassen Sie uns
deshalb versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Geschehnisse zu
sortieren:

Es ist richtig, in diesen Tagen auf die zivilisatorischen Errungenschaften des
Völkerrechts hinzuweisen. Alle Nationen sollten die „territoriale
Unversehrtheit“ anderer Staaten respektieren! Das Völkerrecht ächtet zu Recht
die „Androhung oder Anwendung von Gewalt“ gegen diese Unversehrtheit. Daran
haben sich auch alle Großmächte zu halten.

Zugleich betont das Völkerrecht an mehreren Stellen das „Selbstbestimmungsrecht
der Völker“. Es besagt, dass jedes Volk über die eigene Zukunft selbst
entscheiden können muss.

In Vielvölkerstaaten besteht allerdings stets die Gefahr einer Kollision
zwischen der „territorialen Unversehrtheit“ und dem „Selbstbestimmungsrecht der
Völker“. Das betrifft nicht nur die Regionen Donezk und Lugansk mit einer großen
russischen Bevölkerung. Wir kennen Konflikte dieser Art auch aus dem ehemaligen
Jugoslawien, aus Nordirland und Südtirol, aus dem Sudan oder aus Kurdistan, um
nur einige Beispiele unterschiedlicher Explosivität zu nennen.

Dass nun ausgerechnet die Ukraine ein besonderer, weltpolitisch bedeutsamer
Zankapfel ist, sah der britische Geograph Halford Mackinder schon früh voraus.
Als Kern seiner berühmten „Herzland-Theorie“ notierte er Anfang des 20.
Jahrhunderts die Befürchtung: „Wer über Osteuropa herrscht, beherrscht das
Herzland. Wer über das Herzland herrscht, beherrscht die Weltinsel. Wer über die
Weltinsel herrscht, beherrscht die Welt.“

Sowohl den Amerikanern als auch den Russen ist die Herzland-Theorie geläufig.
Unter diesem strategischen Gesichtspunkt von weltpolitischer Tragweite sollte es
nicht verwundern, dass beide Großmächte versuchen, die Ukraine auf ihre Seite zu
ziehen – koste es, was es wolle. Der große Unterschied besteht darin, dass die
Ukraine unmittelbar an Russland angrenzt und viele ukrainische Bürger Russen
sind, während die USA über 7.000 Kilometer entfernt sind.

Eines möchte ich dazu ausdrücklich zu bedenken geben: Bei der Werbung für das
eigene geopolitische Lager können selbst subtile Formen der Einmischung, z.B.
Spendengelder, hochproblematisch sein. Die USA und die deutsche Bundesregierung,
die allein bereits zwei Milliarden Euro an die Ukraine überwiesen hat, sind
jedoch weit über finanzielle Hilfe hinausgegangen.

Seit 2014 befinden sich CIA-Berater in der Ukraine. Seit 2014 ignoriert der
Westen den Stellungskrieg der ukrainischen Armee gegen die abtrünnigen
Republiken im Donbass. In diesem Krieg sind bis heute nicht nur 4.000 Soldaten
umgekommen. Es starben bis heute fast 10.000 Zivilisten und zwar zum
allergrößten Teil auf der Donezker und Lugansker Seite.

Anstatt die finanzielle Unterstützung der Ukraine an die Umsetzung des Minsker
Abkommens zu koppeln und an die Beendigung des Krieges im Donbass, haben
US-Regierung und Bundesregierung den konfrontativen Kurs Kiews geduldet.

Ebenso die Medien: Der Krieg im Donbass mit den Tausenden von Toten blieb von
deutschen Medien nahezu unerwähnt, so als gäbe es ihn nicht. Ebenso wenig wurde
die anhaltende Verweigerung der Umsetzung des Minsker Abkommens in den Medien
thematisiert. Dieses Abkommen war der vereinbarte Friedensplan, der das Morden
im Donbass beenden sollte.

Das alles rechtfertigt natürlich keinen Angriffskrieg Russlands gegen ein
souveränes Land. Der Krieg im Donbass ist, bei aller indirekten Beteiligung der
Großmächte, ein Bürgerkrieg innerhalb der Ukraine. Es gehört aber auch zur
Wahrheit, dass der Westen eine enorme Mitschuld an der jetzigen Eskalation
trägt.

Unsere AfD-Position gegenüber den Kriegsparteien ist selbstverständlich, alle
kriegerischen Auseinandersetzungen umgehend zu beenden. Das Völkerrecht muss
wieder in Kraft gesetzt werden. Wir erwarten von den am Krieg beteiligten
Regierungen, dass sie die Bürger ihrer Länder vor Gewalt und Tod schützen, dass
sie schnellstens an den Verhandlungstisch zurückkehren und dort solange
verhandeln, bis es einen für alle Seiten akzeptablen Interessenausgleich gibt.

Von der US-Regierung erwarten wir vor allem einen konstruktiven Dialog mit
Russland, mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Friedenslösung in der Ukraine.
Die USA sind die einzige Großmacht, von der sich Russland derzeit bedroht fühlt.
Und sie sind gleichzeitig die einzige Großmacht, die sich in den letzten Jahren,
aufgrund ihrer militärischen Stärke, über das Völkerrecht hinweggesetzt hat und
Angriffskriege gegen souveräne Staaten führte. Echte Sicherheitsgarantien kann
Russland nur von den USA bekommen.

Von der Bundesregierung erwarten wir eine konstruktive Einflussnahme auf die
ukrainische Regierung bezüglich der Umsetzung des Minsker Abkommens und der
Bereitschaft für Verhandlungslösungen. Deutschland hat zwar aktuell keinerlei
militärische Bedeutung, aber es ist die größte Wirtschaftsmacht Europas. Mit
diesem Gewicht könnte sich die Bundesregierung als neutraler Vermittler zwischen
Russland und der Ukraine anbieten.

Es nutzt weder Europa noch der Ukraine, noch Russland, wenn der jetzt begonnene
Krieg fortgesetzt wird. Je schneller es möglich ist zu Diplomatie und Frieden
zurückzukehren, umso besser für alle direkt und indirekt beteiligten Staaten.

Die wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen der USA und Europas sind
nicht immer deckungsgleich. Auch das wird angesichts dieses neuen Krieges in
Europa sichtbar.

Aufgrund der Entfernung sind die USA von dem Krieg, wirtschaftlichen Schäden und
Flüchtlingsströmen weit weniger betroffen als die europäischen Staaten. Bei den
USA überwiegt derzeit die Aussicht, teures Fracking-Gas nach Europa verkaufen zu
können, indem sie von den Europäern Wirtschaftssanktionen gegen russische
Gaspipelines fordern. Gleichzeitig importieren die USA, unbeeindruckt vom Krieg,
in steigendem Maße Öl und Gas aus Russland.

Deutschland und seine europäischen Nachbarn müssen es endlich schaffen, eigene
europäische Interessen zu definieren und eine Außenpolitik im Sinne dieser
Interessen zu führen. Frieden und wirtschaftliche Prosperität in Europa sind
aber niemals im Konflikt mit Russland möglich. Deshalb braucht es eine
europäische Russlandpolitik – unabhängig von den USA. Eine Politik, die Russland
eine gemeinsame Zukunft mit Europa bietet.

Wir gehören zum „Herzland“ und wir sollten unseren Teil dazu leisten, dass das
„Herzland“ und die europäisch-asiatische „Weltinsel“ eine friedliche,
prosperierende gemeinsame Zukunft haben.

Bis nächsten Sonntag,
Ihr Jörg Urban

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